Anzuwendendes Recht bei Erblasser deutscher oder griechischer Staatsangehörigkeit bzw. griechischen oder deutschen Wohnsitzes
Für Todesfälle ab dem 17.8.2015 gilt die europäische Verordnung Nr. 650/2012. Der nach deutschem Recht für Todesfälle vor dem 17.8.2015 geltende Art. 25 Abs. 1 EGBG, oder Art. 28 des griechischen Zivilgesetzbuchs finden nunmehr für Todesfälle ab dem 17.8.2015 keine Anwendung mehr.
Als Grundregel der Verordnung gilt gemäß Art. 21, dass die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates unterliegt, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Sofern sich aus der Gesamtheit der Umstände ergeben sollte, dass der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes eine offensichtlich engere Bindung zu einem anderen als dem Staat seines letzten Wohnsites hatte, so ist auf seine Rechtsnachtfolge das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.
Der Erblasser darf jedoch nach Art. 22 das Recht des Staates wählen, dem er zum Zeitpunkt der Rechtswahl bzw. seines Todes angehört. Dies muss ausdrücklich in einer Erklärung in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen (z.B. Testament) oder sich aus den Bestimmungen einer solchen Verfügung ergeben.
Es ist darauf hinzuweisen, dass sich das nach der EU-Verordnung ergebende Recht auch dann anzuwenden ist, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedstaats ist. So wird z.B. ein Deutscher Staatsbürger, der seinen letzten Wohnsitz in den Vereinigten Staaten hatte und keine gültige Rechtswahl in einer Verfügung von Todes wegen getroffen hat, nach dem Erbrecht des Landes seines letzten Aufenthalts zum Todeszeitpunkt beerbt, also nach US-Recht. In diesem Beispiel könnten jedoch auch besondere Umstände vorliegen, welche die Anwendung eines anderen Rechts begründen könnten. Z.B. der sehr kurze Aufenthalt des Erblassers in den Vereinigten Staaten vor seinem Tod, während sein gesamtes Vermögen sich in Deutschland befindet, bzw. sein gesamtes Einkommen aus Deutschland stammt. Solche Faktoren könnten im Rahmen des Art. 21 Par. 2 der Verordnung dazu führen, dass deutsches Recht anzuwenden wäre.
Für Nachlassabwicklungen nach dem 17.8.2015 bei Todesfällen, die vor dem 17.8.2015 eingetreten sind, werden nicht die Vorschriften der EU Verordnung Nr. 650/2012, sondern die des Art. 25 EGBGB bzw. Art. 28 des griechischen Zivilgesetzbuches angewandt.
Gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Soweit der deutsche Erblasser das für die Erbfolge maßgebliche Recht nicht frei wählen kann, besteht hiervon eine Ausnahme in Form einer dreifach beschränkten Rechtswahl gemäß Art. 25 Abs. 2 EGBGB. Danach kann der Erblasser für im Inland belegenes unbewegliches Vermögen durch eine Verfügung von Todes wegen, deutsches Recht wählen. Die Wahl eines ausländischen Rechts ist somit ausgeschlossen. Diese Rechtswahlmöglichkeit gilt grundsätzlich nur in Deutschland.
Im Ausland gilt diese nur dann, wenn das ausländische Kollisionsrecht auf das deutsche IPR verweist, oder auch der ausländische Staat die Möglichkeit der Rechtswahl vorsieht. Andererseits wird eine aufgrund ausländischen Kollisionsrechts vorgenommene Rechtswahl vom deutschen IPR akzeptiert. Nach herrschender Meinung ist auch eine auf einen Teil des deutschen immobilen Nachlasses beschränkte Rechtswahl wirksam. Die Rechtswahl muss in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen (z.B. durch privatschriftliches Testament). Der Widerruf der Rechtswahl richtet sich nach dem gewählten Recht entsprechend den Regeln im internationalen Vertragsrecht. Konsequenz einer wirksam getroffenen Rechtswahl ist die Anwendung der Sachnormen des gewählten Rechts. Darüber hinaus kann die Rechtswahl dann zu einer Nachlass-Spaltung führen, wenn für das im Inland belegene unbewegliche Vermögen deutsches Recht und für den übrigen Nachlass das gemäß Art. 25 Abs. 1 EBGBG berufene Heimatrecht gewählt wird.
Art. 28 ZGB stellt wie auch Art. 25 EGBGB auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers im Zeitpunkt des Todes ab. Demnach werden grundsätzlich alle erbrechtlichen Beziehungen des griechischen Erblassers vom griechischen Gesetz geregelt, wie z.B. Zeitpunkt des Erbanfalls, Art des Erbschaftserwerbs, Berufungsgründe, Erbfähigkeit, etc. Besonderheiten bestehen u.a. beim griechischen Pflichtteil und der Form letztwilliger Verfügungen.
Für im Ausland wohnhafte Griechen regelt Art. 21 des Gesetzes 1738/1987, dass griechische Staatsbürger, die über mindestens 25 Jahre aufeinanderfolgend vor ihrem Tod ihren Wohnsitz im Ausland hatten, nicht den Restriktionen der griechischen Vorschriften über die Pflichtteilansprüche unterliegen. Vorliegender Artikel bildet daher eine Ausnahme von Art. 28 ZGB. Eine weitere Ausnahme besteht bei der Frage der Formgültigkeit letztwilliger Verfügungen. Diesbezüglich wird ebenfalls nicht auf Art. 28 ZGB abgestellt. Die Form letztwilliger Verfügungen richtet sich vielmehr nach dem Haager Testamentsübereinkommen vom 5.10.1961 (Formstatut). In Übereinstimmung damit regelt Art. 11 ZGB, dass die Form – und zwar im Zeitpunkt der Testamentserrichtung – entweder dem Recht, dem das Testament hinsichtlich seines Inhalts unterliegt, oder dem Recht des Ortes, an dem es errichtet wurde, oder dem Heimatrecht aller Beteiligten entsprechen muss, um gültig zu sein. Nach herrschender Meinung ist bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ein im Ausland durch einen griechischen Staatsbürger errichtetes Testament formgültig.
(Stand: März 2023. Alle Angaben erfolgen unter Vorbehalt und ohne Gewähr.)