Steuern und Abgaben beim grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr zwischen Unternehmen (B2B)
1. Grundsatz
Rechtslage bis 31. Dezember 2009
- grenzüberschreitende Leistungen unterfallen der Umsatzsteuer des Landes in dem das leistende Unternehmen ansässig ist.
- Steuerbarkeit der Leistungen am Sitz des leistenden Unternehmens
- Ausnahmeregelungen:
- Grundstücksleistungen (Belegenheitsort) – kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, sportliche, unterhaltende, unterrichtende und ähnliche Leistungen sowie der Veranstalter (Tätigkeitsort)
- Arbeiten an beweglichen Gegenständen (Tätigkeitsort mit Verlagerungsmöglichkeit durch USt-IdNr.)
- Beförderungsleistungen (Ort des „Bewirkens“ der Beförderung mit Sonderregel für innergemeinschaftliche Beförderungen) -sog. Katalogleistungen (Sitzort des Leistungsempfängers)
Rechtslage ab 1. Januar 2010:
- maßgeblich ist nicht mehr der Sitz des leistenden Unternehmens, sondern der Sitz des Leistungsempfängers (Auftraggebers) bzw. der Betriebsstätte
- Katalogleistungen, die bislang als Ausnahmen galten, wurden zum neuen Grundsatz
- Katalogleistungen sind dort steuerbar, wo der Leistungsempfänger (Auftraggeber) sein Unternehmen betreibt
- weiterhin geltende Ausnahmeregelungen:
- Grundstücksleistungen (Belegenheitsort)
- kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, sportliche, unterhaltende, unterrichtende und ähnliche Leistungen sowie der Veranstalter (Tätigkeitsort)
- Personenbeförderungen (Ort des “Bewirkens”)
- Restaurations- und Verpflegungsleistungen (Ort, an dem sie erbracht werden)
- kurzfristige Vermietung von Beförderungsmitteln, d.h. bis 30 Tage (Ort, an dem das Fahrzeug zur Verfügung gestellt wird)
- für alle Leistungen innerhalb der EU, die der Grundregel unterliegen ist die Anwendung des „reverse-charge-Verfahrens“ vorgeschrieben
- zusammenfassende Meldungen über diese Leistungen (bislang nur für innergemeinschaftliche Lieferungen)
2. “Katalogleistungen”
Rechtslage bis 31. Dezember 2009
- Leistungen zur Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Warenzeichenrechten und ähnlichen Rechten sowie der Verzicht auf Ausübung eines dieser Rechte
- Werbeleistungen sowie Leistungen, die der Öffentlichkeitsarbeit dienen (Werbungsmittler, Werbeagenturen)
- rechtliche, wirtschaftliche, wissenschaftliche und technische und ähnliche Beratungsleistungen,
- Datenverarbeitungsleistungen,
- Leistungen zur Überlassung von Informationen einschließli8ch gewerblicher Verfahren und Erfahrungen, hierzu gehört auch die Überlassung von Software auf elektronischem Weg
- Kreditgewährungen und – verwaltungen
- Personalgestellung
- Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben
- Vermietungs- und Leasinggeschäfte mit beweglichen körperlichen Gegenständen, ausgenommen Beförderungsmittel
- Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation
- Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen
- auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen, hierzu gehört z.B. auch die Überlassung von Software auf elektronischem Weg
- Gewährung des Zugangs zu Erdgas- und Elektrizitätsnetzen und die Fernleitung; die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung andere damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen
2.1 Umsatzsteuerliche Behandlung im Ausland
- Europäische Union:
- Anwendung der „reverse-charge-Regelung“ beim Bezug von Katalogleistungen
- kein Ausweis der ausländischen Umsatzsteuer bzw. keine umsatzsteuerliche Registrierung im Ausland
- Drittland:
- Dienstleistungsempfänger gilt als Steuerschuldner für von ausländischen Unternehmen erbrachte Katalogleistungen
- Umsatz des Dienstleistungsanbieters wird nicht erfasst, wenn das Unternehmen kein Steuergegenstand darstellt oder wenn kein vergleichbares Steuersystem besteht
2.2 Rechnungsstellung
- in Deutschland ansässiges Unternehmen rechnet an Auftraggeber im Ausland ohne deutsche Umsatzsteuer ab
- bei Rechnungsstellung galten ausländische Rechnungsvorschriften
- Hinweis auf der Rechnung: “Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers”
- Angabe der USt-IdNr.
2.3 Umsatzsteuervoranmeldung
- deutsche Umsatzsteuervoranmeldung: “nicht steuerbare Umsätze (Leistungsort nicht in Inland)” (Zeile 42)
Rechtslage ab dem 1. Januar 2010
- keine Änderungen
- verpflichtend:
- Hinweis auf der Rechnung: “Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers”
- Angabe der USt-IdNr.
3. Leistungen, die sich auf ein im Ausland gelegenes Grundstück beziehen
Rechtslage bis 31. Dezember 2009
- umsatzsteuerliche Erfassung am Ort des Grundstückes (u.a. Vermietungsleistungen, Erstellen von Bauplänen, Maklertätigkeiten, Leistungen der Messegesellschaften)
3.1 Rechnungsstellung
- Grundstücksleistungen für ausländische Grundstücke waren ohne deutsche Umsatzsteuer abzurechnen
- galt auch für Umsätze ausländischer Grundstücke an im Inland ansässige Unternehmer
- ausländische Umsatzsteuer des Landes, in dem das Grundstück liegt
- Voraussetzung: steuerliche Registrierung des Unternehmers im Ausland bzw. die Bestellung eines Fiskalvertreters
- ansonsten keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug
3.2 Umsatzsteuervoranmeldung
Rechtslage ab 1. Januar 2010
- keine Änderungen für Grundstücksleistungen
4. Organisation und Durchführung von Kongressen und Seminaren im Ausland
Rechtslage bis 31. Dezember 2009
Leistungen (z. B. Seminare, Kongresse) im Ausland unterliegen der Umsatzbesteuerung am jeweiligen Tätigkeitsort
4.1 Rechnungsstellung
- im Ausland erbrachte Seminarleistungen ohne deutsche Umsatzsteuer
- galt auch für Leistungen inländischer Auftraggeber im Ausland
- ausländische Umsatzsteuer des Landes, in dem die Veranstaltung stattfindet
- Voraussetzung: steuerliche Registrierung des Unternehmers im Ausland bzw. die Bestellung eines Fiskalvertreters
- ansonsten keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug
4.2 Umsatzsteuervoranmeldung
Rechtslage ab 1. Januar 2010
- keine Änderungen für Veranstaltungsleistungen
- Änderung ab 1. Januar 2011: Versteuerung am Sitzort des Leistungsempfängers
5. Arbeiten an beweglichen Gegenständen / Reparaturen vor Ort beim Kunden
Rechtslage bis 31. Dezember 2009
- Umsatzbesteuerung von Be- und Verarbeitungen an beweglichen Gegenständen am Ort der Tätigkeit
5.1 Rechnungsstellung
Rechtslage bis 31. Dezember 2009
- Steuerbarkeit am Ort der Tätigkeit
- keine deutsche Umsatzsteuer auf Leistungen im Ausland
- galt auch für Umsätze inländischer Auftraggeber im Ausland
- ausländische Umsatzsteuer des Landes, in dem die Tätigkeit ausgeübt wurde
- Voraussetzung: steuerliche Registrierung des Unternehmers im Ausland bzw. die Bestellung eines Fiskalvertreters
- ansonsten keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug
5.2 Umsatzsteuervoranmeldung
Rechtslage ab 1. Januar 2010
- Ort der Leistung ist der Sitzort des Leistungsempfängers
- Leistung für Reparaturen vor Ort ist ab sofort am Sitzort des Auftraggebers steuerbar
- ist Auftraggeber im Ausland ansässig, Steuerbarkeit im betreffenden Ausland
- innerhalb der EU findet an dieser Stelle das “reverse-charge-Verfahren” Anwendung
6. Selbständige Dienstleistungen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Warenbewegungen
Dienstleistungsarten, die sich auf Warenbewegungen beziehen:
- Leistungen der Handelsvertreter (z.B. Vermittlung einer Lieferung)
- Güterspediteure (Ausführung eines Transports)
- Lohnveredler (Ausführung von Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen)
Rechtslage bis 31. Dezember 2009
- Leistungsort für Warenbewegung zwischen zwei Mitgliedsstaaten der EU war Registrierungsland des Auftraggebers, wenn dieser seine Umsatzsteueridentifikationsnummer verwendete
- Abrechnung dieser Leistungen erfolgte ohne deutsche Umsatzsteuer
- Leistungsempfänger (Rechnungsempfänger) ist Schuldner der Umsatzsteuer
6.1 Rechnungsstellung
Rechtslage ab 1. Januar 2010
- für Dienstleistungsarten, die sich auf Warenbewegungen beziehen, gelten zusätzliche Punkte bei den Rechnungsangaben:
- Umsatzsteueridentifikationsnummer des Leistenden, sofern diese nicht bereits generell an der Stelle der nationalen Steuernummer angegeben wird,
- Umsatzsteueridentifikationsnummer des Leistungsempfängers im EU-Ausland
- Hinweis zur Umkehr der Steuerschuld gilt weiterhin
6.2 Umsatzsteuervoranmeldung
- Leistungen, die sich auf Warenbewegungen beziehen, im Zusammenhang mit der Ausfuhr von Gegenständen ins Drittland, können nach speziellen Regelungen steuerbefreit sein
Rechtslage ab 1. Januar 2010
- keine Ausnahmeregelungen mehr für diese Leistungen
- Ort der Leistung ist Sitzort des Leistungsempfängers (Grundregel)
- abgerechnete Leistung ist am Sitzort des Leistungsempfängers steuerbar
- innerhalb der EU findet an dieser Stelle das “reverse-charge-Verfahren” zwingend Anwendung
7. (Neue) Ausnahmen ab 2010
zusätzliche Ausnahmeregelungen:
- · Restaurant- und Verpflegungsleistungen:
- sind dort steuerbar, wo sie erbracht werden
- kurzfristige Vermietungen von Beförderungsmitteln:
- sind dort steuerbar, wo das Beförderungsmittel tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, für einen Zeitraum bis zu 30 Tagen (bei Wasserfahrzeugen 90 Tage)
- über 30 Tage hinaus Steuerbarkeit am Sitz des Leistungsempfängers
- Personenbeförderungen
- wird nach der zurückgelegten Beförderungsstrecke beurteilt
8. Formalitäten im Zusammenhang mit der neuen Grundregel ab 2010 / Anwendungszeitpunkt
8.1 Nachweis der Unternehmereigenschaft
- Unterscheidung für Leistungsempfänger in der EU und im Drittland
- Für EU-Unternehmen:
- Überprüfungspflicht der Unternehmereigenschaft des Vertragspartners durch Prüfung der UStIdNr. vergleichbar den innergemeinschaftlichen Lieferungen beim Bundeszentralamt für Steuern
- · Verwendung der UStIdNr soll bereits bei Vertragsschluss durch positives Tun versichert werden (entspricht der bisherigen Anforderung im Zusammenhang mit der Verlagerung des Leistungortes)
- Für Drittlandsunternehemen:
- Vorlage einer Unternehmerbescheinigung (wie bei Vergütungsverfahren)
- es sei denn, es handelt sich um eine Katalogleistung (s.o.); dann nicht erforderlich, da insoweit wegen Gleichbehandlung von Leistungen an Private irrelevant
8.2 Zusammenfassende Meldung
- bislang zusammenfassende Meldungen für innergemeinschaftliche Lieferungen
- ab 1. Januar 2010 auch für Leistungen, die nach der neuen Grundregel im EU-Ausland steuerbar sind
- monatliche Meldungen für Lieferungen (bisher quartalsweise)
- quartalweise Meldungen für Leistungen (25. des Folgemonats)
8.3 Umsatzsteuervoranmeldung
- Leistungen, die in der Zusammenfassenden Meldung gemeldet werden müssen, sind auch in der Umsatzsteuervoranmeldung zu melden (Zeile 41 des neugefassten Formulars)
8.4 Rechnungsangaben
- Regelung nach europäischem Recht für Rechnungsangaben für im EU-Ausland steuerbare abzurechnende Leistungen
- Umsatzsteueridentifikationsnummer des Leistenden, sofern diese nicht bereits generell an einer anderen Stelle der nationalen Steuernummer angegeben wird,
- Umsatzsteueridentifikationsnummer des Leistungsempfängers
- Hinweis auf Umkehr der Steuerschuld, z.B. “Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers”
8.5 Anwendungszeitpunkt
- Zeitpunkt der Ausführung der Leistung ist maßgeblich
- nicht maßgeblich ist das Rechnungsdatum
- bei Dauerleistungen ist für den Leistungszeitpunkt das Leistungsende maßgeblich