Griechenland Krise: Die Krise als Chance für einen Neuanfang begreifen - die griechische Politik strebt jetzt unmittelbar grundlegende Reformen an.
Bislang konnten in Griechenland nicht die erforderlichen tiefgreifenden Reformen durchgeführt werden. Dies hat vielerlei Gründe, welche insbesondere auch im politischen System Griechenlands liegen. In den internationalen Medien ist aufgrund der aufgelaufenen Staatsverschuldung meist von einer Finanzkrise in Griechenland die Rede.
Doch wie kam es überhaupt zu dieser enormen Staatsverschuldung, die sich zur Krise ausweiten konnte? Das eigentliche Problem Griechenlands waren die fehlenden Strukturreformen, welche aufgrund des über Jahrzehnte aufgelaufenen Reformstaus, das Land in seiner staatlichen Funktion, aber auch in Sachen des Wettbewerbs und Fortschritts um viele Jahre zurückgeworfen hat. Die griechische Politik hat die Notwendigkeit dieser Reformen begriffen und versucht diese nun auf vielen Bereichen zügig und konsequent durchzusetzen.
Seit Jahrzehnten kultivierten die Parteien in Griechenland eine besondere Art der Beziehung zu ihrer Wählerschaft, welche in Griechenland als „Kundenbeziehung“ bezeichnet wurde. Damit haben sich Parteien und Wählerschaft in gegenseitige Abhängigkeiten gebracht. Unter Kundenbeziehung ist hierbei das gegenseitige „Geben und Nehmen“ zu verstehen.
So wurden zum Beispiel jahrzehntelang Neueinstellungen im öffentlichen Dienst gegen Wahlstimmen versprochen. Dies hatte zur Folge, dass der Staatsapparat unverhältnismäßig stark aufgebläht wurde, um Teile der eigenen Wählerschaft in den öffentlichen Dienst, aber auch in hierfür teils neu geschaffenen staatliche Organisationen unterzubringen. Hiermit soll nun endgültig Schluss sein. Der geforderte Abbau der Staatsausgaben setzt u.a. Entlassungen im öffentlichen Dienst voraus, was wiederum die Eingehung politischer Verluste der Regierungspartei und teilweise den Bruch der eigenen Wählerschaft voraussetzt. Die Parteien wollen langfristig zu echten unabhängigen Triebkräften für die Modernisierung des Landes und zum Wohle des Landes hinarbeiten.
Über Jahrzehnte wurde der griechische Staatsapparat aufgebläht, ohne damit jedoch auch seine Effizienz zu steigern. Trotz einer enormen Anzahl von Staatsbediensteten war die Leistungsfähigkeit der griechischen Verwaltung gering, der Ausbildungsstand der Beamten unbefriedigend, Fortbildungsmaßnahmen waren eher selten. Die Verwaltung soll nunmehr, unter Inkaufnahme von Arbeitsplatzverlusten, auf ein für die Landesgröße vertretbares Maß zurückgeführt und die Ausbildung der Beamten verbessert werden. Ein guter Ansatzpunkt wäre insoweit vielleicht die Entsendung von höheren Verwaltungsbeamten aus den EU-Ländern, um neue und effiziente Verwaltungsstrukturen einzuführen. Eine weitere diskutierte Möglichkeit wäre auch, griechische Verwaltungsbeamte zeitweise in west- bzw. nordeuropäische Länder für einen gewissen Zeitraum zu entsenden, um dort einen Einblick in funktionierende Verwaltungssysteme zu erhalten. Mit den gewonnen Eindrücken könnten sie dann wiederum vor Ort die eigene Verwaltung modernisieren.
Die Bürokratie im Lande stellte in vielen Bereichen eine zeitraubende und nervenaufreibende Hürde bei Behördengängen dar. Obwohl immer wieder Versuche unternommen wurden, die Abläufe zu vereinfachen, erwiesen sich Genehmigungs-, Gründungs- und sonstige Verwaltungsverfahren häufig komplizierter als notwendig. Deshalb wurden inzwischen Gesetze zur Beschleunigung (z. B. „one stop shop“ bei Gesellschaftsgründungen) von Verfahren per Gesetz eingeführt, die zur einer modernisierten Verwaltung führen und künftig die Grundlage für vereinfachte Abläufe bilden sollen, z. B. durch elektronische Datenverarbeitung, Vernetzung der Behörden, Schaffung von IT-Portalen für die Beschleunigung des Bürgerservices etc.
Ein weiterer Bereich der beabsichtigten Reformen stellt die Öffnung der geschlossenen Berufe dar. Diesen Sommer waren die gestrandeten Autos, geschlossene Tankstellen, bestreikte Häfen und stundenlange Verspätungen im Flugverkehr zu beklagen. Grund dafür waren die Streiks der Tank- und Lastwagenbesitzer gegen die Deregulierung ihres Berufszweiges. In Griechenland existieren ca. 70 geschlossene Berufe (Apotheker, Rechtsanwälte, Taxifahrer, Ingenieure, Architekten usw.). So auch z. B. im Gütertransportwesen. Zum Betrieb eines Tank- oder Lastwagens benötigte man bislang eine vom griechischen Staat vergebene Konzession. Diese wurden Anfang der 70er Jahre vergeben und seither keine weiteren mehr ausgegeben. Dies hat im Laufe der Jahre zu einem regen Handel mit Konzessionen geführt. So werden Konzessionen meist kaum unter 80.000 Euro, teils sogar bis 350.000 Euro gehandelt. Die EU fordert aus verständlichen Gründen seit Jahren die Deregulierung des Transportgewerbes. Die Ablehnung seitens der betroffenen Berufsgruppen wird damit begründet, dass viele Transporteure sehr viel Geld für den Erwerb der Konzessionen bezahlt hätten und durch die Deregulierung Gefahr laufen, bedeutende „assets“ ihres Unternehmens zu verlieren. Mögliche Lösungswege könnten hierbei u. a. die Festlegung eines bestimmten Konzessionswertes durch den Staat sein, welcher dann über mehrere Jahre mit anfallenden Steuern verrechnet werden könnte. Hier sind mutige und unangenehme Entscheidungen der Politik bereits auf dem Weg gebracht.
Ein weiteres Problem stellte zudem das Ausmaß der gewerkschaftlichen Forderungen im Hinblick auf die finanzielle Schwierigkeiten des Staates dar. Früher konnte der Staat mit Massenmobilisierungen und Demonstrationen meist dazu bewegt werden, erforderliche Reformen nicht durchzuführen, frühe Berentungen, hohe Renten- und Abfindungszahlungen zu leisten und allgemein den Begehren der gewerkschaftlich organisierten Kreise nachzugeben. Die Finanzierung erfolgte dann meist über die weitere Staatsverschuldung. Heute, zu einem Zeitpunkt, zu welchem nicht einmal mehr Staatskredite zur Finanzierung der Neuverschuldung erhältlich sind, funktioniert dieser Mechanismus nicht mehr. Die Gewerkschaften und diverse Lobbys versuchen zwar weiterhin reflexartig über die altbewährten Mechanismen ihre Ziele durch Massendemonstrationen und Streiks zu erreichen. Die griechische Politik hat aber unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass bezüglich solcher Praktiken mittlerweile das „Ende der Fahnenstange“ erreicht ist, so dass man entsprechenden Forderungen nicht nachkommen kann und auch nicht will. Griechenland benötigt nicht noch mehr Protektionismus bezüglich veralteter und unwirtschaftlicher Strukturen, sondern mutige Reformen, welche seine nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit steigern, die staatlichen Funktionen, sowie die Lebens- und Arbeitsverhältnisse im Lande verbessern.
Über viele Jahrzehnte wurden unrentable staatliche Betriebe vom griechischen Staat subventioniert und damit künstlich am Leben erhalten. Teils leistete man sich den Luxus einer völlig unwirtschaftlichen Überbelegung in den Staatsbetrieben, ohne jegliche Kosten-Nutzenrelation. Zu hohe Kosten für zu wenig Leistung wurden nicht etwa wegrationalisiert um die Staatsbetriebe wettbewerbsfähig zu machen, sondern staatlich subventioniert. Die Privatisierung solcher Staatsbetriebe läuft nunmehr auf Hochtouren, über anschließende Rationalisierung und Modernisierung sollen sie dann aus eigenen Mitteln überleben können.
Ein weiterer reformbedürftiger - und angestrebter - Punkt ist die Bekämpfung der Korruption im Lande. Hierzu sollte eine Stärkung der Exekutive, insbesondere von Polizei, Staatsanwaltschaft und Steuerbehörden beitragen. Wer die Bilder aus den Randale-Tagen in Athen gesehen hat, wunderte sich oftmals über die anscheinende Untätigkeit der Polizei. Aus diesem Hintergrund ist deutliche Stärkung der Rolle der griechischen Polizei als ordnungsschaffendes Organ erforderlich und angestrebt, welches rational und unbeeinflusst seine Arbeit verrichten kann, ohne zum Spielball machtpolitischer Gegensätze zu geraten.
Die Medienkontrolle in Griechenland soll zur Sicherung einer unabhängigen und sachlich objektiven Berichterstattung ebenfalls verbessert werden. Die Medien sollen unabhängig von parteipolitischer Nähe ihre Arbeit objektiv und zum Wohle des Landes verrichten. Darüber hinaus ist die Aufbereitung der Berichterstattung qualitativ zu verbessern, um den Bürgern umfassende und teils komplizierte Sachverhalte verständlich zu vermitteln und ohne Hetzkampagnen hervorzurufen.
Das Schul- und Bildungssystem in Griechenland gilt als veraltet. Den Kindern sollte bereits in der Grundschule das Leistungsprinzip verinnerlicht werden. Die Universitätsabsolventen haben oft das Bedürfnis, im Ausland weitere Ausbildungsschritte zu unternehmen, um auf europäischer und internationaler Ebene wettbewerbsfähig zu sein. Man erinnert sich insoweit ungern an die langatmigen Diskussionen über die Zulassung von privaten Universitäten und den Missbrauch von Universitätseinrichtungen als Zufluchts- und Rückzugsorte für Randalierer uns Straftäter. Griechenland benötigt dringend eigene Bildungseliten im Lande, um den Fortschritt und die Wettbewerbsfähigkeit auszubauen, aber auch um den Staat auf breiter Ebene modernisieren zu können. Dies stellt eine der bedeutsamsten Reformen dar, welche derzeit angestrebt wird.
Der Justizapparat in Griechenland ist überlastet, viele Gesetze müssen überarbeitet, die Verfahrensdauer von Gerichtsprozessen verkürzt und der Ablauf im Zivilprozess modernisiert werden. Das bisherige Prinzip der Modifizierung einzelner Gesetze mittels eines fast undurchschaubaren Gewirrs von Änderungsgesetzen sollte einer einheitlichen Modifizierung der jeweiligen Gesetzestexte im jeweiligen Gesetz weichen. Eine umfassende Justizreform wird zweifellos einen großen Beitrag zur besseren Funktion des Staatsapparates leisten.
Wenn man in Griechenland die aktuelle Situation als Chance begreift all diese erforderlichen und angestrebten Reformen mit der Hilfe und unter dem Druck der EU umzusetzen, dann kann die Griechenland-Krise auch einen für Griechenland sehr positiven Ausgang nehmen und das Land wieder auf Kurs gebracht werden. Dies wird allerdings ohne die großzügige Hilfe der europäischen Partner durch Hilfe zur Selbsthilfe nicht möglich sein. Denn all diese Strukturreformen müssen durch erhebliche Investitionen begleitet werden. Im Rahmen dieser Reformen müssen zugleich neue Arbeitsplätze geschaffen, die Konjunktur im Lande angekurbelt, die Inflation bekämpft und neue Investitionen im Land getätigt werden. Dies kann durch den schwerpunktmäßigen Ausbau bestimmter Wirtschaftszweige, wie z. B. auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien, des Umweltschutzes etc. erzielt werden. Die bisher geforderten Maßnahmen mit immer mehr und höheren Steuern bei gleichzeitigen Lohnkürzungen und Massenentlassungen haben dazu geführt, dass die Binnenwirtschaft mehr oder weniger zum Erliegen gekommen ist. Hilfe zur Selbsthilfe bedeutet in diesem Zusammenhang deshalb auch, dass die erforderlichen Strukturreformen finanziell auch machbar sind.
Hier die endgültige Lösung der Griechenland-Krise:
Wir legen die Türkei (Wachstumsrate: 8%) und Griechenland (Wachstumsrate: -8%) zusammen und damit wären alle Probleme gelöst:
1. Netto-Wachstumsrate: 0%
2. Griechenland gerettet
3. Türkei in der EU
4. Zypernkonflikt gelöst.
Warum ist noch kein Idiot auf diese Idee gekommen?
Schon in der Antike (die weit intelligenter war als wir heute) waren ja Türkei und Griechenland einfach hellenistisch.-
[…] Auch wurden die Ursachen zu den hausgemachten Problemen in Griechenland wiederholt dargelegt (Die Beseitigung der wahren Gründe der Krise in Griechenland – Chance für einen Neuanfang, Blogbeitrag vom 13.02.2010). Deshalb soll an dieser Stelle nur nochmals kurz erwähnt werden, dass die tiefgreifende Strukturkrise in Griechenland eines radikalen Kurswechsels und umfassender Strukturreformen bedarf. Hierzu zählen selbstverständlich die Privatisierung von staatlichen Unternehmen, Rationalisierung bzw. Schließung von unrentablen oder überflüssigen staatlichen Institutionen, Verkleinerung des Staatsapparates durch Freisetzung von Beamten, Anpassung der Löhne und Gehälter an die tatsächliche Produktivität des Landes und seinem Wachstum, Modernisierung der Verwaltung, Abbau der Staatsschulden und Erhöhung der Produktivität sind nur einige der wichtigsten Maßnahmen, welche einer unmittelbaren Umsetzung bedürfen und auch zum Teil schon umgesetzt wurde. (Siehe hierzu Blogbeitrag vom 01.07.2011 Neue Sparmaßnahmen in Griechenland und Blogbeitrag vom 12.09.2011 Griechenland-Krise als Neuanfang begreifen). […]