Weblog KPAG Kosmidis & Partner – die deutschsprachige Anwaltskanzlei in Griechenland

Beschränkungen im Griechischen Bankensystem

Publiziert am 20.Juli.2015 von Abraam Kosmidis
BankenDer Rechtsakt, gemäß dem die Aufhebung des Bankfeiertags ab Montag, den 20. Juli beschlossen worden ist, wurde im Regierungsanzeiger bereits veröffentlicht. Demnach ist das Limit von 60 Euro pro Anleger, Kreditinstitut und Tag noch in Kraft, die Anleger  können sich jedoch auch mehr Geld auf einmal auszahlen lassen. Allerdings bleibt die Höchstgrenze bei 420 Euro pro Woche bestehen. Der Transfer von Bankeinlagen oder Bargeld ins Ausland ist untersagt, einschließlich der Anweisung zum Transfer von Finanzmitteln auf ausländische Bankkonten, sowie der Transfer durch Kreditkarten, Prepaid-und Debitkarten für grenzüberschreitende Zahlungen. Zudem ist die Eröffnung von neuen Girokonten oder Sparkonten, sowie die Aufnahme von Mitberechtigten zu den bereits bestehenden Konten untersagt; inaktive Bankkonten können derzeit nicht aktiviert werden. Eröffnungen von neuen Bankkonten können lediglich in den unter Artikel Nr. 1, Abs. 7 des Rechtsaktes vorgesehenen Fällen erfolgen. Zugleich bleibt die vorzeitige, teilweise oder vollständige Tilgung eines Darlehens bei Kreditinstituten untersagt. Ausgenommen davon sind Bargeldzahlungen, oder Zahlungen durch ausländische Überweisungen, während auch die vorzeitige, teilweise oder vollständige Beendigung der Termineinlagenvereinbarungen verboten ist.

Als Ausnahme wird die vorzeitige Beendigung einer Termineinlage lediglich zur Tilgung folgender Forderungen und Verbindlichkeiten erlaubt

  1. von staatlichen und versicherungsrechtlichen Forderungen,
  2. einer laufenden Ratenzahlung und überfälligen Darlehensschulden im selben Kreditinstitut,
  3. der Lohnauszahlung im selben Kreditinstitut,
  4. von Behandlungskosten und Studiengebühren in Griechenland und im Ausland,
  5. von Lieferantenzahlungen, die ein Bankkonto im selben Kreditinstitut führen, gegen Rechnungen oder gleichwertigen Belegen, unter der Voraussetzung, dass kein ausreichender Bestand auf ein Giro – oder Sparkonto vorhanden ist.
Darüber hinaus wird der Transfer in Bezug auf Unterkunfts-und Verpflegungskosten für im Ausland Studierende, oder sich an Austauschprogrammen beteiligten Studenten pro Kalenderquartal auf einen Höchstbetrag von 5.000 Euro, oder den jeweilige Gegenwert in einer anderen Landeswährung beschränkt. Die Zahlung erfolgt elektronisch auf ein im Ausland geführtes Bankkonto, dessen Begünstigter der jeweilige Student ist.

Entrichtung der Einkommensteuer

Dem obigen Rechtsakt zufolge wird eine Verlängerung zur Entrichtung der ersten Rate der Einkommenssteuer (Steuerjahr 2014) bis zum 31. August gewährt. Zugleich wird auch eine Fristverlängerung für die Einreichung des E9 – Formulars bis zum 26. August gewährt. Die diesbezügliche Mitteilung des Finanzministeriums kündigt folgendes an: Am Montag, den 20. Juli wird durch den entsprechenden Rechtsakt der am 28. Juni auferlegte Bankfeiertag aufgehoben.  Demzufolge öffnen ab Montag sämtliche Bankfilialen, während zugleich auch der Umfang der im Rahmen der Kapitalverkehrskontrollen zugelassenen Banktätigkeiten erweitert wird. Die zugelassenen Banktätigkeiten werden ausführlich im neuen Rechtsakt aufgeführt. Wir weisen darauf hin, dass auch der sich im Finanzministerium befindliche Ausschuss zur Genehmigung von Bankgeschäften zugleich weitere Transaktionsanträge außer den im Rechtsakt Vorgesehenen bearbeitet. Zudem wird noch darauf hingewiesen, dass die Zahlungsfristen der von der steuerlichen Verwaltung festgestellten Forderungen sowie die Fristen zur Teilzahlung der festgestellten Steuerschulden durch Regelungs-oder Erleichterungsraten bis zum dritten Werktag ab der Aufhebung des Bankfeiertages verlängert werden,  wie dies im ministerialen Rundschreiben Nr. 1136/30.6.2015 vorgesehen wird.

Der neue Rechtsakt sieht unter anderem Folgendes vor:

  • Die Anwendung der neuen Vorschriften bezüglich der MwSt., beginnend ab Montag, dem 20. Juli 2015.
  • Der Steuersatz von 6% für Hotels bis zum 30. September 2015.
  • Die Verlängerung der Frist zur Entrichtung der Einkommenssteuer bis zum 31. August, für alle Steuerpflichtigen, die ihre Steuererklärung nach der Veröffentlichung des entsprechenden Rechtsakts einreichen werden.
Anschließend werden Vorschriften zur Anwendung der kurzfristigen Finanzierung des Griechischen Staats durch den EFSM vorgesehen.    


Der letzte Akt in der griechischen Tragödie – Der Vorhang fällt

Publiziert am 13.Juli.2015 von Abraam Kosmidis
Europe ComisionSeit nunmehr fünf Jahren brodelt die Griechenland Krise. Mit verschiedenen Akteuren und Akten ergaben sich dabei viele Parallelen zu den antiken griechischen Tragödien. Nach zwei großen Weltkriegen hatten die Völker Europas beschlossen, dass ein für alle Mal Frieden in Europa sein sollte, „Nie wieder Krieg in Europa“ und der Gedanke der Völkerverständigung und Solidarität stand bei der Geburt des Europäischen Gedankens bei den Gründungsvätern im Vordergrund. Über die folgenden Jahre wurde an diesem gemeinsamen Haus gebaut und immer mehr Mitglieder in die Familie aufgenommen. Tatsächlich schaffte der Europäische Gedanke eine sehr lange Friedensperiode, welche über viele Jahrzehnte für einen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung in Europa sorgte. Selbst die Wiedervereinigung Deutschlands und die Integration Osteuropas in das europäische Haus konnten friedlich und ohne größere Turbulenzen erfolgen. Auch dies zweifellos ein Ergebnis des Europäischen Gedankens und der funktionierenden Völkergemeinschaft. Anfang 2009 zogen aber unheilvolle Wolken auf. Eine harte Prüfung sollte Europa und die Solidargemeinschaft erschüttern. image003Der erste Akt des Dramas begann mit dem Platzen der Immobilienblase in den USA und dem Fall von Lehman Brothers. Die Finanzgötter dieser Welt hatten sich verspekuliert. Das Drama nahm seinen Lauf und die Krise schwappte in verschiedenen Wellen über den Atlantik nach Europa. Erst als Bankenkrise, dann als Finanzkrise, später als Eurokrise, um schließlich als Länderfinanzkrise bei den finanziell schwächeren Ländern und insbesondere beim schwächsten Glied, Hellas, den erregenden Moment des Dramas zu erreichen. Parallel hatte die hausgemachte griechische Struktur- und Reformkrise dabei schon vor ca. 35 Jahren mit der immer weiteren Verschuldung des Landes und fehlenden Reformen ihren Lauf genommen. Halb Mensch halb sterbliche Halbgötter, ließen sich griechische Regierungen dabei zu Lastern wie Habgier, Betrug und Zügellosigkeit hinreißen und das Land immer tiefer in einem Sumpf zwischen immer weiterer Verschuldung, Filz, Korruption und Vetternwirtschaft sinken. Der Eurobeitritt Griechenlands wurde noch von allen Seiten mit Wohlwollen begrüßt, obwohl die Voraussetzungen dafür zum damaligen Zeitpunkt wohl nicht vorlagen. Immerhin hatten ja selbst mächtige Länder gegen die von ihnen selbst gesetzten Maastrichter Konvergenzkriterien verstoßen (3% Regelung / Stabilität der öffentlichen Finanzen - um ihre eigene Wirtschaften anzukurbeln). Es war schließlich ihr politischer Wille, Griechenland in den erlauchten Kreis der Euroländer aufzunehmen. Zahlreiche mahnende Stimmen wiesen auf die drohende Apokalypse hin, doch die Sirenengesänge der zerstörerischen Schöpfungen, welche vielen großen Reichtum bescherten, waren zu betörend. Waren es die schicksalhafte Verstrickung, die individuellen Fehlentscheidungen gewöhnlicher sterblicher Protagonisten, oder gar die Verschwörung mächtiger dunkler Mächte, welche Griechenland geradewegs in eine ausweglose Katastrophe steuerten ? Es war wohl eine Wechselwirkung verschiedener Interessen- und Gemengelagen im steten Wandel politischer und wirtschaftlicher Interessen. Lässt sich die herannahende, sich immer deutlicher abzeichnende Katastrophe trotz großer Anstrengungen eines Teils der handelnden Personen im letzten Moment noch abwenden, wenn mächtige Kräfte auf der anderen Seite gerade die Katastrophenszenarien favorisieren ? „Schuldlos schuldig“ bleibt in diesem Drama wohl keiner, denn viele Protagonisten, wie gewöhnliche Menschen der Politik, Götter der Finanzwelt und Wirtschaft, Glücksritter usw. haben ihren Teil zur drohenden Katastrophe beigetragen. Dabei stehen individuelle Unzulänglichkeiten und Motivationen der Akteure in einer verheerenden Wechselwirkung zum schicksalhaften Gang der Dinge. image004Auf griechischer Seite liegen jedenfalls die Fehler im systemischen Bereich. Die alten Parteien, welche das System der Vetternwirtschaft aufgebaut hatten, konnten die Krise nicht wirklich lösen. Der Versuch einer Katharsis führte bei der PASOK hat nahezu zum völligen Untergang der Partei. Die Unfähigkeit der griechischen Politik, welche über 35 Jahre nicht bereit und / oder unfähig war, die politische Verantwortung und deren Konsequenzen für eine radikale Umkehr, hin zu Reformen und wirtschaftlich tragfähigen Lösungen zu übernehmen, ist dabei ebenso dafür verantwortlich, wie die fehlende Einsicht, dass Wohlstand nur über Wirtschaftswachstum entstehen kann und dass Einnahmen und Ausgaben in Einklang stehen müssen. Die Strukturreformen für die Schaffung einer funktionierenden und transparenten Verwaltung müssen endlich geschaffen werden, Berufe liberalisiert, Filz weiter bekämpft, Privatisierungen durchgeführt und Voraussetzungen für gesunden Wettbewerb geschaffen werden. Die Stärkung der produzierenden Unternehmen und insbesondere des Mittelstandes müssen durch Gewährung von Investitionsanreizen gefördert werden. Hierzu gehört auch eine objektive Aufklärung des Volkes, ohne Populismus, und zur Schärfung der Urteilskraft über die -zugegebener Maßen- schwierigen Zusammenhänge. Nachdem die Regierung Samaras auf alle Vorschläge der Troika eingegangen war und über zweieinhalb Jahre harte Sparmaßnahmen umgesetzt worden waren, schien erstmals im Herbst 2014 ein Wachstum für das erste Halbjahr 2015 möglich. Anstatt hier jedoch von europäischer Seite etwas entgegenkommen zu signalisieren, wurden weitere Sparmaßnahmen gefordert. Der regierungsseitig aufgestellte Kandidat für das Präsidentenamt konnte sich schließlich nicht durchsetzen, was schließlich zu Neuwahlen und zum Regierungswechsel führte. Hier endet der Prolog und das Drama kommt zu seinem Höhepunkt: Es kam nun eine neue griechische Regierung, welche mit den Fehlern ihrer Vorgänger kaum in Zusammenhang zu bringen war. Sie trat an, alles besser machen zu wollen und strebte eine radikale Abkehr, sowohl innenpolitisch, als auch von dem Weg, welcher von den Lenkern der EU und des Euro mittlerweile eingeschlagen worden war. Dabei machte sie jedoch verheerende Fehler, indem sie kostbare Zeit mit Untätigkeit und falschen Versprechungen verstreichen ließ und ihre Verhandlungspartner brüskierte. War die innenpolitische Abkehr von den Praktiken der letzten Jahrzehnte sicherlich noch begrüßens- und erstrebenswert, mutete der Anspruch auf Veränderung Europas durch das kleine Hellas bei gleichzeitigem finanziellem Hilferuf doch sehr anmaßend an. Anstatt die eigenen Probleme zu lösen, wollte man gleich die fundamentale ideologische Kehrtwende Europas erzwingen. Quasi ein Kampf zwischen David und Goliath aus einer sehr schwachen Verhandlungsposition heraus und ohne wirkliche Verhandlungsmasse. Unverantwortlich hoch gepokert – „all in“ mit offenen Karten und ohne ein Pärchen auf der Hand. Im Ton vergriffen mit falscher Taktik und Rhetorik. Denn die Spekulation auf ein Nachgeben der Europäer bis kurz vor dem Auslaufen des 2. Sparprogramms Ende Juni 2015 erwies sich als eine fatale Fehleinschätzung. Neue Maßnahmen hätte die Regierung Tsipras aufgrund des Widerstands aus den eigenen Reihen nicht durch das Parlament gebracht. Nachdem aber auch die Mehrheit der griechischen Bevölkerung mit überwältigender Mehrheit einen Verbleib in der EU und im Euro bei gleichzeitiger Beendigung der Sparmaßnahmen wünschte, versuchte die Regierung die Quadratur des Kreises durch eine unsinnige Volksabstimmung zu lösen. Dabei wurde das Parteiwohl in unverantwortlicher Weise über das Landeswohl gestellt. Das Festhalten an der Durchführung der Volksabstimmung führte jedenfalls zu weiteren Verstimmungen mit den europäischen Partnern und fast zu einer Spaltung der griechischen Gesellschaft zwischen „NEIN“ und „JA“ Anhängern. Die Verhandlungen über ein 3. Paket müssen nun auf neuer Grundlage erfolgen und öffnen ohne Not die „Box der Pandora“ mit neuen und zusätzlichen Sparmaßnahmen, Zustimmungserfordernissen der Parlamente in verschiedenen Ländern, Auseinandersetzungen in der Eurogroup, Spaltung in eine Zweiklassengesellschaft innerhalb der EU uvm. Bei allen Fehlern die von dieser griechische Regierung aber gemacht wurden: In einem Punkt hat sie jedoch (genauso wie ihre Vorgängerregierung) recht. Die Schulden können nicht durch immer weitere Schulden getilgt werden. Das räumt mittlerweile auch der IWF öffentlich ein. Viele Wirtschaftsexperten haben dies bereits zuvor schon klar und deutlich artikuliert. Es ist völlig unsinnig zu glauben, dass ein Land, welches sich in einer wirtschaftlichen Depression befindet, sich durch immer weitere Sparmaßnahmen quasi am eigenen Schopf aus dieser Abwärtsspirale ziehen kann. Die Maßnahmen haben zu einer dramatischen Verarmung des Landes, zu tausenden Schließungen von Unternehmen, zur Explosion der Arbeitslosenquote auf ca. 30% und bei den Jugendlichen auf bis zu 60%, zu einem Schrumpfen der griechischen Wirtschaft von ca. 25%, zur Benachteiligung der finanziell schwachen Bevölkerungsschichten und zu vielen weiteren negativen Auswirkungen geführt. Zumindest in Deutschland sollte man das eigentlich besser wissen, denn nach dem zweiten Weltkrieg ermöglichte erst der Schuldenschnitt und die Forderungsstundung vieler Länder, übrigens auch Griechenlands, im Zuge der Londoner Konferenz von 1953, sowie der berühmte Marschallplan der USA das deutsche Wirtschaftswunder. Schuld hat sich dabei die Troika und die Architekten einer neuen Ordnung innerhalb der Europäischen Union auf sich geladen. Die Troika durch falsche Rezepte bei der Wahl der „Rettungsmaßnahmen“ und dem sturen beharren darauf, obwohl dies zur immer weiteren Verarmung des Landes geführt hat. Besondere Schuld laden aber etwaige Architekten einer „neuen Ordnung“ innerhalb Europas auf sich, wenn sie die hohen Güter der Solidarität und Völkerverständigung auf dem Altar der Wirtschaftsinteressen opfern wollen. Wie anders ließe sich sonst erklären, dass bewusst und wider jeglicher wirtschaftlicher Vernunft, entgegen jeglicher geschichtlicher Verantwortung, ja selbst gegen allgemein und weltweit anerkannte Wirtschaftheorien und historisch erprobte Rezepte an offensichtlich gescheiterten Rettungsmaßnahmen festgehalten wird ? Es stellt sich also die Frage, warum an diesen erwiesenermaßen erfolglosen Praktiken festgehalten wird. Sind es persönliche Ressentiments zwischen einzelnen Politikern (Stichwort: Mit dieser griechischen Regierung wird es keine Einigung geben…) ? Ist es die fehlende Bereitschaft, eigene Fehler zuzugeben und einen Korrekturwechsel in der Griechenland – Politik vorzunehmen oder sind etwa andere Bestrebungen im Spiel ? Eine Katharsis im Sinne Aristoteles` wäre also nicht nur auf griechischer Seite erstrebenswert, sondern auch bei den europäischen Partnern, um sich von Affekten zu befreien, welche einer objektiven Sachlichkeit entgegenstehen. Ja, schicksalshafte Verstrickungen und Verschwörungen, waren schon immer charakteristisch für griechische Tragödien. Aber sicherlich ist der Vertrauensverlust und seine Rückgewinnung ein großes Problem, welcher derzeit einiger Einigung im Wege steht. Zu oft wurden Versprechungen von der griechischen Seite nicht eingehalten (allerdings auch von der anderen Seite oft auch unsinnige Dinge verlangt). Es geht nun insbesondere darum, die Umsetzung der neuen Maßnahmen zu gewährleisten und die Glaubwürdigkeit des Landes wieder herzustellen. Dies ist sicherlich ein Punkt, in welchem die griechische Seite nachliefern muß. Doch rein nüchtern betrachtet, sprechen auch Fakten dafür, dass es möglicherweise um etwas anderes in Europa gehen könnte: Es gibt Stimmen, wonach an Griechenland ein Exempel zur Abschreckung statuiert werden könnte. Denn spätestens nach der gestrigen Sitzung der Eurogroup rückt der Verdacht näher, dass es um die Durchsetzung einer neuen Ordnung und Ideologie in Europa gehen könnte, bei welcher Griechenland selbst nur eine tragische Nebenrolle spielt. Wurden Grexit Szenarien bislang noch als konsequente Folge verfehlter griechischer Politik diskutiert, könnte sich nun ein Masterplan neuer europäischer Architektur offenbaren. Die Abkehr von den europäischen Anfangsidealen, hin zu einer preußisch geprägten Zuchtmeisterkultur mit harter Hand nach Vorbild Friedrichs des Großen wäre dabei fatal. Danach werden „Aufsässige“ und Andersdenkende in ihre Schranken verwiesen, oder zur Bestrafung gar aus der europäischen Gemeinschaft verbannt. Wie anders läßt es sich sonst erklären, dass nach einer völligen Akzeptanz der Bedingungen durch die griechischen Seite und einem eigenen Vorschlag für noch mehr Maßnahmen (12 Mrd. statt ursprünglich 8 Mrd.), nun erneut Vorschläge zum Grexit Griechenlands ins Spiel gebracht werden ? Nach dieser völligen Akzeptanz aller Bedingungen, wäre eine Demütigung des völlig unakzeptabel. Der ins Spiel gebrachte Grexit auf 5 Jahre kann dabei nichts anderes bedeuten, als das endgültige Ausscheiden aus dem Euro. Ist es das, was manche Kräfte in Europa von Anfang an angestrebt haben und hat ihnen die griechische Seite mit all ihren Fehlern nun die Steilvorlage dafür geliefert? Sollte das also das neue Europa sein ? Falls sich die Austeritäts- und Bestrafungspolitik durchsetzt, wird aber nicht nur Griechenland aus dem Euro ausscheiden (was für viele vielleicht unwichtig sein mag), sondern der europäische Gedanke daran zugrunde gehen. Heute wäre es Griechenland, aber morgen könnten andere folgen, die in dieser harten Welt der rein finanz- und profitgesteuerten Gemeinschaft nicht mehr mithalten können, obwohl von Anfang an klar war, dass nicht alle Euroländer dieselbe Wirtschaftskraft haben und auf Dauer mithalten können. Das funktioniert bis heute selbst in Deutschland nicht ohne Länderfinanzausgleich. Wie soll das dann in Europa ohne entsprechende Mechanismen und Regulative funktionieren ? Der europäische Grundgedanke steht für ein gemeinsames, solidarisches, friedliches und wirtschaftlich erfolgreiches Europa. Das europäische Grundprinzip beruhte dabei schon immer auf dem Grundprinzip der Einigung und nicht des Machtwortes oder des Alleingangs. Das resultiert aus seiner Entstehungsgeschichte. Wirtschaftliche Macht verleiht danach nicht auch automatisch das Recht des Machtwortes. Der Gedanke von Schuld und Bestrafung hat in den griechischen Dramen der Antike lange Tradition. So zB in der Tragödie „Antigone“ von Sophokles. Da Polineikes Krieg gegen Theben geführt hat, verbietet König Kreon seine Bestattung. Polineikes Schwester Antigone hält sich nicht an dieses Verbot und wird zur Strafe lebendig eingemauert. Dies löst eine Kettenreaktion von Suiziden ihr nahestehender Personen aus. Der Versuch der Auferlegung einer neuen europäischen Ordnung steht eindeutig gegen diese Prinzipien. Das sollte keinem Europäer egal sein, denn sonst werden wir in Europa wieder ganz andere Zeiten erleben, die wir lange Zeit nicht mehr für möglich hielten. Jedenfalls sollten solche Bestrebungen nicht von Deutschland ausgehen, denn es würde seinem Image mittelfristig nachhaltig schaden. Insbesondere wird die Bundeskanzlerin nicht in die Geschichte eingehen möchten, unter deren Kanzlerschaft das europäische Haus zu bröckeln begann. Man kann nur darauf hoffen, dass sich diese neue Ordnung in Europa nicht durchsetzen wird. Insbesondere Frankreich und Italien, aber auch Spanien stehen in der Pflicht, im eigenen Interesse die kleineren Länder der EU und des Euro zu schützen und mehr Verantwortung zu übernehmen. Ob das Drama mit dem tragischen Ende der Katastrophe enden wird, oder ob sich die Protagonisten auf die Tugenden der Hoffnung, Vernunft, Geduld, Mäßigung, Mildtätigkeit und Einigkeit besinnen, haben in den nächsten Tagen noch selbst in der Hand, bevor der Vorhang endgültig fällt: Hoffnung auf eine Einigung und auf ein Europa der Solidarität und Völkerverständigung, denn Europa ist mehr als ein reiner Verbund von Wirtschafts- und Finanzinteressen. Vernunft der Akteure, eine Einigung anzustreben und dass sie das große Ganze sehen, in Anbetracht dessen was auf dem Spiel steht. Geduld bei den Verhandlungen, um zu einem Ziel zu kommen, das sich im Zuge der Zeit als richtig erweisen wird. Mäßigung bei persönlichen Ressentiments gegen Personen, diese stehen nicht im Vordergrund, sondern, die EU und der Euro. Mildtätigkeit und Hilfe der schwächeren Glieder der europäischen Familie. Schließlich ist Einigkeit die Voraussetzung für die Zukunft Europas, des Euro und des Friedens im Sinne der Gründungsväter Europas, Robert Schuman und Jean Monnet, aber auch Churchills, Adenauers und vieler anderer.
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Regierungsblatt der Griechischen Demokratie – Kurzfristiger Bankfeiertag

Publiziert am 5.Juli.2015 von Abraam Kosmidis
Europe ComisionRegierungsblatt der Griechischen Demokratie

RECHTSAKT - Kurzfristiger Bankfeiertag

DER PRÄSIDENT DER GRIECHISCHEN DEMOKRATIE

Unter Kenntnisnahme:

  1. des Artikels 44, Abs. 1 der Verfassung von Griechenland.
  2. der außerordentlichen Situation einer äußerst dringenden und unvorhersehbaren Not um das griechische Finanzsystem und allgemein die griechische Wirtschaft vom Liquiditätsmangel zu bewahren, der durch den Beschluss vom 27. Juni 2015 der Eurogruppe in Bezug auf die Verweigerung einer Verlängerung der Kreditvereinbarung mit Griechenland hervorgerufen worden ist.
  3. des diesbezüglichen Antrags des Ministerrates, beschließen wir:

Artikel 1

  1. Der Zeitraum vom 28. bis zum 6. Juli wird als Bankfeiertag erklärt. Der Bankfeiertag umfasst sämtliche, in Griechenland betriebliche Bankinstitute jedweder Form, einschließlich der Filialen ausländischer Bankinstitute, die dem Anwendungsbereich des Gesetzes Nr. 4261/2014 (A’ 107) unterliegen, sowie der Darlehens-und Hinterlegungskasse, Zahlungsinstitute des Gesetzes Nr. 3862/2010 (A’ 113) und E-Geld-Institute des Gesetzes Nr. 4021/2011 (Α’218), Filialen und Vertreter von Zahlungsinstituten und E-Geld-Instituten mit Sitz in anderen EU-Mitgliedsstaaten, die sich gesetzmäßig in Griechenland in Betrieb befinden (fortan „die Institute“). Auf Beschluss des Finanzministers kann der vorstehende Zeitraum verkürzt oder verlängert werden. Während des Bankfeiertags werden die Institute für die Öffentlichkeit geschlossen bleiben, und Zugang wird lediglich dem Personal gewährt, das zur Anwendung des vorliegenden Aktes sowie zur Vorbereitung hinsichtlich der Wiederaufnahme der Transaktionen mit den Bankkunden nach Beendigung des Bankfeiertages benötigt wird. Rentenzahlungen sind von den Beschränkungen der Banktransaktionen des Vorliegenden ausgeschlossen. Die Verwaltungen der Bankinstitute werden die Auszahlungsart der Renten sowie die zu diesem Zweck bedienenden Filialen ankündigen.
  2. Während des Bankfeiertages können folgende Tätigkeiten erfolgen:
    1. Abhebungen von Bargeld an Geldautomaten, die einem täglichen Betrag in Höhe von 60 Euro pro Bankomatkarte unterliegen, der mit Beschluss des Finanzministers modifiziert werden kann. Die Geldautomaten werden höchstens zwölf (12) Stunden am ersten Anwendungstag des Vorliegenden in Betrieb sein,
    2. unbeschränkte Transaktionen, außer denen, die vor der Veröffentlichung des Vorliegenden mit Kredit-und Debitkarten für Inlandszahlungen galten, d.h. für Zahlungen im Wege von Überweisungen auf, in Griechenland geführten Konten,
    3.  Zahlungen durch vorbezahlte Karten (Prepaid-Karten), ausdrücklich bis zu dem Betrag, der als Guthaben vor dem Eintritt des Bankfeiertages angegeben wurde. Neue Prepaid – Karten können nicht ausgestellt werden,
    4. Ferntransaktionen (Web Banking oder Telefontransaktionen) für Inlandszahlungen, d.h. für Zahlungen im Wege von Überweisungen auf, in Griechenland geführten Konten,
    5. Abhebungen von Bargeld an Geldautomaten mit ausländischen Karten. Beschränkungen hinsichtlich des Limits können mit Beschluss des Finanzministers festgesetzt werden. Während des Bankfeiertags kann keine andere Banktätigkeit ausgeführt werden. Auf Beschluss des Finanzministers können auch weitere Transaktionsarten ausgeschlossen werden, womit auch die für diese Fälle vorgesehene Verfahrensweise bestimmt wird.
  3. Absatz 2 findet keine Anwendung in folgenden Fällen:
    1. Transaktionen mit der Bank von Griechenland,
    2. Grenzüberschreitende Zahlungsanweisungen, die sich ausschließlich auf Gutschriften von Konten beziehen, die in Griechenland betrieblichen Bankinstituten geführt werden,
    3. Abrechnung von Transaktionen, die in den heimischen Zentralzahlungs-und Abrechnungssystemen (TARGET2 – GR, EURO1, DIAS) eingetragen sind, beispielhaft wie die Zentralverwahrstelle Athen und das buchmäßige Überwachungssystem von Titeltransaktionen, vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Aktes,
    4. entsprechende Transaktionen, die mit Beschluss des nachstehenden Rates als notwendig erachtet werden, und
    5. Transaktionen der Griechischen Demokratie.
  4. Der Staatliche Rechnungshof beruft einen Rat zur Genehmigung von Banktransaktionen ein. Der vorstehende Rat ist für die Genehmigung der unter Absatz Nr. 3 d) des Vorliegenden aufgeführten Transaktionen während der Dauer des Bankfeiertags zuständig, unter der Voraussetzung, dass die vorstehenden Transaktionen zur Wahrung eines staatlichen oder sozialen Interesses als notwendig erachtet werden, einschließlich, unter anderem der Transaktionen zur Zahlung von medizinischen Aufwendungen oder Einfuhren von Arzneimitteln. Der Rat ist fünfgliedrig und setzt sich aus den folgenden Personen zusammen:
    1. den Generaldirektor für Haushaltspolitik und Haushaltsplanung des Staatlichen Rechnungshofes des Finanzministerium, als Präsident, gemeinsam mit dem Direktor für Haushaltsplanung des Staatlichen Rechnungshofes des Finanzministeriums als seinen Stellvertretenden, b) den Generaldirektor für Wirtschaftspolitik des Finanzministeriums mit dem Direktor der Direktion für Kredit-und öffentliche Finanzwirtschaftsfragen des Finanzministeriums als seinen Stellvertretenden, c) den Direktor der Direktion für beaufsichtigte Gesellschaften der Bank von Griechenland und den Abteilungsleiter der Direktion für Finanzwirtschaftliche Tätigkeiten der Bank von Griechenland als seinen Stellvertretenden, d) einen Vertreter des Griechischen Bankverbandes und einen Vertreter des Kapitalmarktausschusses, die mit Beschluss ihrer Präsidenten bestimmt werden. Der Ausschussvorsitzende bestimmt des Weiteren einen Beamten des Staatlichen Rechnungshofes mit Hochschulbildung als Sekretär des Ausschusses.
  5. Verzugszinsen fallen während der Dauer des Bankfeiertages in Bezug auf, innerhalb dieser Dauer fällig werdende Forderungen nicht an. Während des entsprechenden Zeitraums werden Fälligkeits-Einreichungs-und Zahlungsfristen für Wertpapiere sowie Gerichtsfristen eingestellt.
  6. Die Bank von Griechenland verhängt gegen die Bankinstitute für jedweden Verstoß gegen den vorliegenden Akt eine Geldbuße von bis zu 1/10 des Betrags der entsprechenden Transaktion. Zudem ist das Bankinstitut verpflichtet, den Arbeits-oder Auftragsvertrag der für den Verstoß haftenden Person zu kündigen.
  7. Auf Beschluss des Finanzministers wird jedwede andere Angelegenheit in Bezug auf die Anwendung der Bestimmungen des Vorliegenden geregelt.

Artikel 2

Das Inkrafttreten des vorliegenden Aktes, das rechtmäßig gemäß Artikel Nr. 44, Abs. 1 der Verfassung von Griechenland beurkundet wird, beginnt ab seiner Veröffentlichung im Regierungsblatt.

Athen, 28. Juni 2015


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